Kabinettausstellung
„Walküre“ (Holzstich nach einem Gemälde von H. Knackfuss, um 1890)

VERLÄNGERT: Walkürenhauch an der Ostsee. Nationalismus und Romantik in der Literatur Ostpreußens

19.6.2021 – 3.10.2021

Was verbindet einen Ritter des Deutschen Ordens, das Nibelungenlied und Hermann, den Cherusker? Sie alle sollten die Reichsgründung von 1871, die in diesem Jahr ihr 150. Jubiläum feiert, legitimieren, dieser „Einigung von oben“, für die zuvor von Preußen drei „Einigungskriege“ geführt worden waren. Das vorgeblich gemeinsame Kulturerbe eines „deutschen“ Germanentums bzw. Mittelalters war eines der Elemente, welches es den Bürgern erleichtern sollte, aus etwa Bayern, Hessen, Preußen und Sachsen nunmehr „Deutsche“ zu werden. Einen anderen Baustein bildete die nationale Abgrenzung des Reichs zu seinen Nachbarn, besonders Frankreich, das man 1813/15 und 1871 besiegt hatte.

Denkmalsingenieure, Komponisten und Literaten sollten dem Kaiserreich eine ehrbare Tradition erfinden: mit dem Hermannsdenkmal am Teutoburger Wald, der Germania vom Niederwald oder Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ – welcher in Wirklichkeit Herrschaft und Gewalt kritisierte. Bereits die Romantik hatte Mittelalter und Rittertum wiederentdeckt und in den schönsten Farben gemalt.

Die neue Kabinettausstellung des Ostpreußischen Landesmuseums begibt sich auf eine assoziative Spurensuche, festgemacht an einigen Exempeln der Literatur Ostpreußens, die hierfür starke Akzente zu setzen vermocht hatte. Vom Dichter der Befreiungskriege Max von Schenkendorff über den Romantiker E.T.A. Hoffmann bis hin zu Johann Gottfried Herder waren sprachmächtige Autoren am Wirken, deren Literatur späteren Autoren Anregungen für nationalere Töne lieferten.

Beispiele dafür sind Schriftsteller in Ostpreußen wie Ernst Wichert (1831-1902) oder Felix Dahn („Ein Kampf um Rom“), welche den preußischen Ordensstaat als Vorbild der kriegerischen deutschen Einigung hinstellten und die Jahrtausende alte Selbstaufopferung der ‚tapferen Germanen‘ zu preisen verstanden. Bei seiner Berufung an die Albertus-Universität Königsberg sah sich Felix Dahn offenbar selbst als eine Art Ritter des Deutschen Ordens. Er wollte „deutsches Recht in fernstem Ostmarkland“ lehren und spürte als Verehrer Richard Wagners an der Ostsee noch „Walkürenhauch“.

Die Ausstellung zeigt den Kontext der Reichsgründung, wichtige Quellen aus der romantischen Literatur, Dahn und Wichert als Literaten in Königsberg und im Reich, die monumentalisierende Erfindung einer vermeintlich großen nationalen Vergangenheit sowie deren Rezeption und Folgen.

Das Begleitprogramm richtet sich nach dem unter Pandemiebedingungen Möglichen. Geplant sind Vorträge zur Stellung Ostpreußens im Deutschen Reich und Führungen durch die Ausstellung. Bitte beachten Sie unsere Ankündigungen auf der Website des Museums.

Einen Einblick in die Kabinettausstellung gibt der Kurator Dr. Martin Maurach hier: